Der E-Prix fördert die Innovation: Fehlanzeige!

Publiziert von Markus Heinzer am

Man hört und liest immer wieder, die Formel-E-Serie treibe die technologische Innovation im Bereich E-Mobilität an. Auch auf der FIA-Formula-E-Website tönt es so:

Die technologische Innovation vorantreiben:

– die Batteriekapazität erhöhen

– das Fahrverhalten verbessern

– Von der Rennstrecke auf die Straße

Wir bieten eine wettbewerbsfähige Plattform, um straßenrelevante Technologien zu testen und zu entwickeln und das Design und die Funktionsfähigkeit von Elektrofahrzeug-Komponenten zu verbessern.

https://www.fiaformulae.com/de/discover/sustainability/why-sustainability

Das wäre ja wunderbar, wenn sich die Auto-Hersteller hier mit ihren neusten Entwicklungen messen könnten. So wie sie das bei der Formel-1 bis heute in der längst veralteten Technik des Benzinverbrennens zelebrieren. Wer ist schneller? Wer kann länger? Zwar ist es oft fraglich, wieviel aus der Spitzentechnologie (Formel-E: 280km/h) wirklich in normale Produkte (Strassenfahrzeug: 60km/h) fliesst. Aber immerhin, das könnte man dem E-Prix zugute halten.

Es ist aber ein Märchen! Bei der Formel-E funktioniert das ganz anders. Von Wettbewerb um die beste Technologie kann keine Rede sein. Denn: Alle Fahrer fahren das gleiche Auto! In der aktuellen Rennsaison (2018/2019) wird das “Gen2”, also das Auto der 2. Generation verwendet. Das Vorgängermodell “Gen1” wurde in den letzten vier (!) Saisons verwendet.

SaisonModell
2014/2015Gen1
2015/2016Gen1
2016/2017Gen1
2017/2018 (Zürich)Gen1
2018/2019 (Bern)Gen2 (neu!)

Man fuhr also 4 Jahre lang mit dem gleichen Auto-Modell! Und das in einer Branche, die sich unglaublich schnell entwickelt, oder unglaublich schnell entwickeln sollte! FIA Formula E schreibt dazu:

Obwohl die Meisterschaft erst fünf Jahre alt ist, entwickelt sich die Technologie auf der Rennstrecke ständig weiter.

https://www.fiaformulae.com/de/discover/cars-and-technology

Das “Gen1” hatte so wenig Energie-Speicherkapazität, dass die Fahrer in der Mitte des Rennens auf ein zweites Auto umsteigen mussten. Eine Technik zum schnellen Aufladen oder Auswechseln der Batterien scheint es bis heute nicht zu geben. Das “Gen2” kann immerhin 45 Minuten durchhalten, wenn der Fahrer sparsam fährt. Die dazu nötige Batterie wiegt 385 kg! Sie ist damit nochmal 65 kg schwerer als diejenige in “Gen1”. Ein grosser Fortschritt in 5 Jahren! Und es kann in 2,8 Sekunden von 0 auf 100km/h beschleunigen. Auch das ist eine Eigenschaft, die wir eigentlich nie in Strassen-Autos umgesetzt sehen wollen…

In den Formel-E-Rennen fahren alle Fahrer das gleiche Auto mit den identischen Reifen, Batterien, Aerodynamik, Chassis, Motor, Getriebe, Bremsen. Das Modell wurde von SPARK und der FIA entworfen, “von den Rädern bis zum Überrollbügel”. Die “Teams” dürfen lediglich die Dämpfer und die Hinterradaufhängung selber “designen”.

Folgende Aussage auf der FIA-Website ist also schlicht irreführend:

In der Saison 2018/19 treten neun Autohersteller aus aller Welt gegeneinander an.

https://www.fiaformulae.com/de/discover/cars-and-technology

Trotzdem sieht sich die FIA als “Impulsgeber” und faselt von Innovation. Ob dies die Auto-Hersteller auch langsam etwas anders sehen? Jedenfalls sind nicht gerade viele an der Rennserie interessiert. Waren es mal neun? Wer zählen kann, zählt heute noch 6 Automarken:

“Mit insgesamt neun Herstellern – wie Jaguar, Nissan, BMW, Audi, DS und Mahindra – an Bord, ist Formula E die Plattform für globale Auto- und Mobilitätsanbieter für die Entwicklung und Tests straßenrelevanter Technologien. Die Straßenrennen wirken als Impulsgeber für Designoptimierungen von Elektrofahrzeugen und ein verbessertes Fahrerlebnis der täglichen Nutzer von Elektroautos weltweit.”

https://www.fiaformulae.com/de/discover/history

Es scheint schleierhaft, wie man unter diesen Umständen davon reden kann, diese Autorennen würden die Innovation fördern. Es sind schlicht und einfach unnütze Grossanlässe zur Belustigung der Leute, und sie dienen als Feigenblatt für die Auto-Industrie, die offensichtlich weiterhin am Liebsten übermotorisierte Old-School-Autos mit Verbrennungsmotor verkauft.

Siehe dazu auch die Aussage von Experte Peter Affolter: https://formel-e-ade.ch/2019/05/01/peter-affolter-ich-glaube-nicht-dass-in-der-formel-e-meilensteine-gelegt-werden-fuer-die-entwicklung-der-elektroantriebe/

Die Innovationskraft der Formel-E wird auch vom Experten Antoine Lorotte in Frage gestellt (Artikel nach der Formel-E in Zürich in “Le Temps”).

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